Grenze der Belastung erreicht?

Die Befürworter nennen als einen Hauptgrund für die neue Trasse, dass die heutige B2 an der Grenze ihrer Belastung angekommen ist. Die Zwangsläufigkeit, dann eine neue Straße zu bauen und das auch gleich noch vierspurig, wird nicht hinterfragt.

Auch kann man bezweifeln, ob die B2 an ihrer Belastungsgrenze angekommen ist. Was bedeutet „Belastungsgrenze“ denn eigentlich und wer definiert das? Vergleicht man z.B. den Verkehrsfluss auf der B2 zwischen Mering und Augsburg-Hochzoll mit dem Stadtverkehr in München (z.B. mittlerer Ring oder Landsberger Str.) und dem Stadtverkehr in Augsburg (z.B. Friedberger Str.), so stellt man fest, dass der Verkehr auf der B2 deutlich besser fließt und wesentlich seltener Staus auftreten.

Kürzlich hat der Verkehsdatenanbieter INRIX eine Studie zu den Staus in deutschen Großstädten veröffentlicht. Augsburg rangiert auf dem 22. und damit letztem Rang.

 

Wirtschaftliche Entwicklung bedroht?

Angeblich brauchen wir die Osttangente für die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises und der Gewerbegebiete. Die Politiker, die dies behaupten versäumen aber einen Plan vorzulegen, wie sie sich diese Entwicklung vorstellen, geschweige denn, dies in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Wo sollen diese Gewerbegebiete entstehen? Wollen wir riesige Logistikzentren mitten in unseren Naherholungsgebieten? Wollen wir mehr Industrie oder mehr Dienstleistung oder mehr Tourismus?

Bereits jetzt haben wir gute Verkehrsverbindungen zur A8 und A96. Glaubt man wirklich, dass es für betriebswirtschaftlich denkende Unternehmer von Bedeutung ist, wenn sie evtl. in 20 Jahren 2-3 Minuten schneller auf der A8 sind?

Diese Argumente und andere stammen überwiegend vom staatlichen Stadtbauamt Augsburg, welches schon seit Jahren die Osttangente wünscht. Aus Augsburger Sicht kann man das verstehen. Wir sollten uns aber davor hüten, diese interessengesteuerten Argumente ungefragt zu übernehmen.

Herr Fritsch, der zuständige Beamte im staatlichen Bauamt Augsburg sagte sehr deutlich vor dem Kissinger Gemeinderat am 7.5.2015, dass die Osttangente dazu dient, „den Verkehr anzusaugen und zu bündeln“.

Nur eine Bundesstraße?

Es muß klar gesagt werden: die Osttangente wird eine autobahn-ähnliche, 4-spurige Trasse werden mit Seitenstreifen, Mittelstreifen und ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Wenn von Lokalpolitikern immer wieder gesagt wird, „es ist ja nur eine Bundesstraße“, so ist dies eine gezielte Verharmlosung.

Ein autobahnähnlicher Ausbau macht auch die Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h überflüssig. Je höher die Geschwindigkeit, umso größer die Lärmbelastung, besonders in der Nacht.

Die Osttangente wird massiv den Personen- und vor allem den Schwerlastverkehr aus Richtung Ingolstadt nach Süden von der A 8 und der B 17 anziehen und über unsere Fluren lenken. Es gibt keinen Grund, diese zusätzliche Belastung der Region zu provozieren.

Steuermittel werden „verbrannt“?

Die neue Trasse soll in Friedberg als Ausbau der ‚AIC 25 neu‘ erfolgen. Die AIC 25 wurde vor 7 Jahren als Neubau in der Friedberger Au mit dem Anschluss an die A8 dem Verkehr übergeben.

Die AIC 25 neu ist von der A 8 bis zur Kreuzung Augsburger Straße (Segmüller) kreuzungsfrei mit vier Brückenbauwerken (zweispurig) ausgebaut und mit Tempo 100 befahrbar. Von einer „Belastungsgrenze“ ist diese Straße weit entfernt, der Verkehr läuft auch zu Spitzenzeiten störungsfrei.

Die Gesamtkosten betrugen ca. 21,5 Millionen Euro. Diese Steuermittel werden durch einen vierspurigen Ausbau zum großen Teil „verbrannt“.

Mitten durch Friedberg

Die Osttangente, autobahn-ähnlich ausgebaut, tangiert unmittelbar die Friedberger Kernstadt und trennt sie von Friedberg-West und Augsburg ab.

Ein Teppich aus Lärm und Abgasen wird die Kernstadt, die angrenzenden Ortsteile Derching, Stätzling, Wulfertshausen, Friedberg-West und die St. Anton Siedlung in Augsburg überziehen.

Ortsumfahrung für Kissing? Entlastung für Mering/St. Afra?

Der ehemalige Kissinger Bürgermeister Wolf engagierte sich stark für das Großprojekt „Osttangente“, weil er eine Ortsumfahrung für seinen Ort wünschte. Wichtigstes Argument ist und war die Belastung der B2-Anlieger durch Lärm und Abgase. Sein Nachfolger und die Mehrheit des Gemeinderates stehen unverändert ebenfalls zur Osttangente.

Die jetztige B2 war seinerzeit die Umgehungsstrasse für Kissing und Wohngebiete waren mehrere hundert Meter entfernt davon. Ein ehemaliger Kissinger Bauamtsleiter schilderte uns,  die Entwicklung: In den frühen 50er Jahren nach dem Krieg gab es nur vereinzelte Häuser an der jetzigen B2, die hauptsächlich der Firma Fritsch bzw. deren Angestellten gehörten. Um für die Flüchtlinge des 2. Weltkrieges günstigen Wohnraum zu schaffen, wurden billigste Baugrundstücke an der B2 ausgewiesen. Dadurch setzte eine intensive Bebauung entlang der Straße ein, die letztendlich zu der heutigen Situation führte, mit immer mehr Wohnhäusern an einer Bundesstraße. In den 70er Jahren sollten dann Schallschutzwände errichtet werden. An den Kosten sollten sich die Hausbesitzer beteiligen. Diese lehnten das ab und so wurde diese sinnvolle Schallschutzmaßnahme nicht umgesetzt.  Trotz allem Verständnis für die Situation muss man leider sagen, dass ein großer Teil der Probleme  Kissings mit der B2 hausgemacht sind.

Wird es durch die Osttangente überhaupt die oft behauptete Entlastung für Kissing geben?

Da es bei der geplanten Osttangente keine Einschleifung innerorts geben wird, wird der Ziel- und Quellverkehr erhalten bleiben.  Der Verkehr wird sich dadurch maximal um die Hälfte verringern.  Dadurch wird es nur eine minimale Lärmentlastung geben. Siehe hierzu  Verkehr halbiert = Lärm halbiert?

Es wird nur wenige Zu- und Abfahrten geben. So ist für Mering lediglich ein Knoten kurz vor der Staustufe 23 geplant. Das bedeutet, dass der Verkehr auf der dann „alten“ B2, der an Mering vorbeiführt bzw. von Mering Richtung Kissing geht,  nach wie vor  die „alte“ Variante wählen wird. Dies gilt insbesondere für Zielverkehr nach Kissing und Friedberg. Damit wird es kaum zu einer nennenswerten Entlastung für Kissing und St. Afra  führen. Zielverkehr nach Mering und weiter Richtung Fürtsenfeldbruck, der von der  A8 auf der „neuen“ Trasse fließt, wird den Knotenpunkt bei Kissing auf die „alte“ B2 wählen und damit nach wie vor Kissing und St. Afra belasten.

Übrigens ergeben sich für Kissing auch erhebliche Nachteile: Die Bürger werden von den Naherholungsgebieten abgeschnitten und die Lärm- und Abgasbelästigung wird insgesamt zunehmen, besonders an den Naherholungsgebieten aber auch im Innenort bei vorherrschendem Westwind.

Schaut man sich die Wohnbebauung entlang der B2 an, so kommt man auf ca. 70 Häuser von denen ein Teil Einfamilienhäuser und ein Teil Mehrfamilienhäuser sind. Man kann grob schätzen, dass dort ca. 400 Menschen direkt an der B2 leben. Dahingegen wären mehrere tausend Menschen in der Region von der Osttangente betroffen. Und schaut man über die Gemeindegrenzen nach Friedberg, so fallen sofort die Kleingärtner an der B2 auf. Hier ist ein von ca. 2.000 Menschen intensiv genutztes Erholungsgebiet entstanden, welches direkt durch die Osttangente durchschnitten werden würde.

Eines darf man in Kissing nicht vergessen: Westlich von der Bahn in Kissing liegen ebenfalls Wohnhäuser und zwar ca. 17 an der Zahl, also zahlenmäßig ein Viertel der Wohnhäuser, die jetzt an der B2 liegen. Über deren Grundstücke würde die Osttangente führen – sie müssten umgesiedelt, entschädigt oder enteignet werden! Weiterhin liegen dort große Gewerbebetriebe wie z.B. Hasit-Trockenmörtel oder Klaus-Betonfertigteile. Die müssten diesen Standort aufgeben, da die Autobahn direkt über deren Grundstücke gehen würde. Wie passt das zum Argument der Gewerbeansiedlung? Wieviele Arbeitsplätze wären betroffen?

Man muss also festhalten, dass für die B2-Anlieger in Kissing durch die Osttangente eventuell eine geringe Entlastung entstehen würde, andere Anlieger, deren Zahl weit größer ist, würden aber duch die Osttangente erheblich belastet.  Wir sind der Meinung, dass man weder Menschen noch Natur gegeneinander ausspielen sollte. Natürlich brauchen die Anlieger an der B2 in Kissing eine Lösung, um die Lärm- und Abgasbelastung zu reduzieren. Diese Lösung kann aber nicht die Osttangente sein. Wir sind dafür, dass Kissing einen Stadt- und Verkehrsplaner beauftragt, der  nach einer Lösung sowohl für alle Anlieger an der B2 als auch für die städtebaulichen Probleme sucht.  Beispiele für eine umnittelbare Entlastung könnte eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 kmh sein. Die Gesetzeslage lässt dies durchaus zu und viele Gemeinden in Baden-Württemberg haben dies bereits durchgesetzt. Oder eine veränderte Ampelschaltung, die den Verkehrsfluss erhöht. Oder Lärmschutzwände oder Flüsteraspahlt. Lärmschutzwände und Flüsterasphalt wurden aber bisher aus Kostengründen abgelehnt, die Frage ist nun, ist ein 210-Millionen-Projekt billiger? Wir sind überzeugt, dass eine kreative Planung durchaus Spielräume bietet für Lösungen, die die B2-Anlieger in Kissing entlasten.

 

Schneller, höher, weiter?

Grundsätzlich muss die Frage erlaubt sein, wohin der Wachstumswahn in unserer Gesellschaft führen soll. Sollen alle Flächen schrittweise zugepflastert, dem Auto geopfert und durch neue Straßen neue Verkehrsströme erzeugt werden?

Ja, Teile unserer Region werden in den nächsten Jahren wohl noch etwas wachsen, aber auch das sind nur Prognosen, die von Menschen gemacht und nicht gottgegeben sind. Der Bau dieser vierspurigen autobahn-ähnlichen Trasse ist nicht die einzige Lösungsmöglichkeit.

Info: Aktuelles Verkehrsaufkommen in der Region

Wieviele Landwirte verlieren ihre Erwerbsgrundlage?

Wenn wir nur die beiden ersten Anteile des Flächenverbrauchs berücksichtigen (siehe die Argumentation zum Thema Flächenverbrauch), also die versiegelte Fläche und die anteilige Berücksichtigung der Zusatzbauten, so kommen wir auf über 207 ha direkten und anderweitig nicht mehr nutzbare Flächenverbrauch.

Laut Statistik auf der Meringer Homepage gab es im Jahr 1999 in Mering 56 landwirtschaftliche Betriebe mit 1753 ha Gesamtfläche, d.h. ca. 31 ha Fläche pro Landwirt. Laut Bayerischem Landesamt für Statistik liegt 2014 die durchschnittliche Fläche eines Landwirts in Bayern inzwischen bei ca. 34 ha. Berücksichtigt man, dass die Bauernhöfe weniger werden aber in der Fläche pro Bauernhof tendenziell größer, so ist es sicherlich nicht falsch mit dem Wert des statischen Landesamtes zu rechnen.

Damit ergibt sich, dass bei 200 ha Flächenverbrauch für die gesamte Autobahn, die Fläche für ziemlich genau 207 / 34 = 6 Landwirte verloren geht. Das ist für unsere Region sicherlich keine Kleinigkeit und das kann in einer Region wie unserer auch nicht durch Ausgleichsflächen ausgeglichen werden.

Abschätzung des Flächenverbrauchs

Aus den Betrachtungen zur Breite des neuen Verkehrsweges (siehe die Argumentation zu „Handelt es sich um eine Autobahn„) kennen wir die Breite von 28 m. Die Länge der aktuellen Planungsvariante kann mit etwa 25 km abgeschätzt werden. Damit ergibt sich eine befestigte (und damit versiegelte) Fläche alleine über die Fahrbahn von 25 000 m x 28 m = 700 000 m2, was 70 ha entspricht (2,8 ha/km). Dies ist ein Quadrat von 836 m Seitenlänge das in etwa den kompletten Innenbereich von Mering überdeckt (nur damit man eine grobe Vorstellung von den Dimensionen bekommt). Ein Fußballfeld hat eine Größe von 68 x 105 m = ca. 0,7 ha, d.h. die verbrauchte und somit versiegelte Fläche, die diese Autobahn überdeckt entspricht ziemlich genau 100 Fussballfeldern.

Flächenverbrauch Autobahn

© OpenStreetMap Mitwirkende

Zur weiteren Berechnung beziehen wir uns auf Zahlen des

“Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik, Technische Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. B. Geringer, Dipl.-Ing.W.K.Tober,
Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik
”   im Abschnitt 4 “
(siehe Flächenverbrauch).

Wir kommen damit zu weiteren interessanten Abschätzungen.

Dort wird der durchschnittliche Flächenverbrauch für Lärmschutz, Böschungen und anteilige Berücksichtigung für Anschlussstellen, Autobahnknoten und Rastanlagen in der Größenordnung von 5,5 ha/km angegeben. In unserem Fall wären das dann 25 km x 5,5 ha = 137,5 ha, also rund nochmal das doppelte, was die reine Fahrbahn benötigt. Das ergibt (70 + 137,5 ha = 207,5 ha), also ein Quadrat von 1440 m Seitenlänge. Die Anzahl der Fußballfelder ist nun mit 296 auf fast 300 angewachsen. Das ist die Fläche, die der Landwirtschaft und anderer Nutzung abhanden kommt (siehe die Argumentation zu „Wieviele Landwirte verlieren ihre Erwerbsgrundlage).

Betrachten wir nun noch die Aussage des Instituts, dass so eine Autobahn eine Einwirkungsbreite von ca. 50 bis 80 m nach beiden Seiten hat. Das Institut erklärt das so: ‘Inanspruchnahme von Fläche bezieht sich also nicht nur auf das Verkehrsbauwerk selbst, sondern auch auf die Flächen, die in ihrer Nutzung durch die Verkehrsanlage und durch den Verkehrsablauf beeinträchtigt sind. “Verkehrsfläche” ist deswegen nicht dasselbe wie “Versiegelte Fläche”, da in die Verkehrsfläche auch unbebaute, nicht versiegelte Flächen eingehen’.

Damit wird der Gesamtverbrauch einer Autobahn mit ca. 20 ha/km angegeben, also nochmal ca. 11,7 ha/km. Das ergibt eine betroffene Gesamtfläche von ca. 500 ha, also ein Quadrat mit der Seitenlänge von 2236 m (damit wird schon fast ganz Mering überdeckt) oder 714 Fußballfelder. Wie man sieht, ist der Flächenverbrauch einer Autobahn ganz erheblich und keinesfalls zu vernachlässigen, wie manche Befürworter zu suggerieren versuchen.

Fazit

Diese Betrachtungen belegen unser Argument:

“Der Flächenverbrauch der gesamten Route ist so groß, dass in etwa 6 Bauern ihre Lebensgrundlage verlieren werden. Hier von Ausgleichsflächen zu reden, ist in unserem Gebiet unrealistisch, denn der verfügbare Grund und Boden ist ja wohl kaum vermehrbar.”

Und weiter folgern wir:

“Grundsätzlich muss auch die Frage erlaubt sein, wohin der Wachstumswahn in unserer Gesellschaft führen soll. Sollen alle Flächen schrittweise zugepflastert werden und durch neue Straßen neue Verkehrsströme erzeugt werden?”

Wir fragen: Wann fangen wir damit an, endlich aufzuhören unsere uns umgebende Natur immer weiter zu reduzieren?

Wir sind der Meinung: Jetzt!

Handelt es sich um eine Autobahn?

Wie Autobahnen bei uns gebaut werden sollen, ist recht übersichtlich in den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen nachzulesen. Dort ist in der Entwurfsklasse 1 (Fernautobahn/Überregionalautobahn) ersichtlich, dass eine vierspurige Autobahn nach RQ 31 einen Standardquerschnitt von 31 m umfasst. Demgegenüber hat nach Entwurfsklasse 2 eine autobahnähnliche Straße nach RQ 28 einen Querschnitt von 28 m. Bei diesem Querschnitt handelt es sich, wie man den Abbildungen entnehmen kann, um den befestigten Teil der Straße.

Wenn wir von einer Autobahn sprechen, wird uns oft entgegengehalten, dass es sich im Fall der Osttangente nur um eine autobahn-ähnliche Straße handelt und die würde ja wesentlich unproblematischer sein. Wie man aber sieht, beträgt der Unterschied nur 3 m, also ca. 10 %. Da dieser Unterschied nicht ins Gewicht fällt, sprechen wir weiterhin von einer Autobahn.

Wie gravierend diese Planung in unsere Umgebung eingreift, ergibt sich auch aus der Abschätzung des Flächenverbrauchs sowie aus der Betrachtung, wieviele Landwirte dementsprechend ihre Erwerbsgrundlage verlieren werden.